„75 Jahre VVN, Antifaschismus gestern-heute-morgen“,
unter diesem Motto feierte der VVN-BdA Hessen am 18. Juli 21 sein 75jähriges Bestehen mit einer Open-Air-Veranstaltung vor der Jahrhunderthalle in Frankfurt-Höchst. Auch Vertreter verschiedener anderer Gruppierungen hatten sich dort eingefunden wie „Aufstehen gegen Rassismus“, „Fulda stellt sich quer“, „Omas gegen Rechts“ u.a.. Verschiedene Reden und musikalische Beiträge standen auf dem Programm. Esther Bejarano mit der Microphone Mafia sollte auftreten. Sie war aber am 10. Juli im Alter von 97 Jahren verstorben, was große Trauer ausgelöst und dazu geführt hatte, dass man zunächst in Erwägung zog, deshalb die Feier ganz ausfallen zu lassen.
Unter anderen sprachen: Dr. Ulrich Schneider (VVN-BdA), die Stadträtin Sylvia Weber, der Frankfurter DGB-Vorsitzender Philipp Jacks und Jutta Shaik von Omas gegen Rechts Frankfurt. Hier ihre Reden in Auszügen:
„Guten Tag mein Name ist Jutta Shaik und ich fühle mich sehr geehrt, hier zum 75. Jahrestag des VVN im Namen der Omas gegen Rechts in Deutschland zu ihnen sprechen zu dürfen. 75 Jahre VVN, das ist auch das Alter vieler von uns Omas, eigentlich ein Alter, in dem man sagt: ,Okay das Lebenswerk ist vollbracht, es ist Zeit sich zur Ruhe zu setzen.\‘ Leider ist das nicht möglich, weder für den VVN noch für uns Omas gegen Rechts, denn rechte Hetze, Rassismus, Antisemitismus, Verschwörungsmythen, das gesamte gefährliche Netzwerk rechtsextremistischer Organisationen und Individuen ist weltweit zu einer größeren Bedrohung geworden als noch vor 10 Jahren. Ja, Rassismus, Antisemitismus und Verschwörungsmythen gab es auch früher, aber rechtspopulistische Möchtegerndiktatoren wie Trump in den USA, Viktor Orban in Ungarn und rechtsradikale Parteien wie die AfD haben dieses Gedankengut zum Teil in die Mitte der Gesellschaft getragen. Hetzerische, rassistische Parolen, die früher nur in dunklen Stammtischecken gesagt wurden, werden jetzt lautstark gegrölt und die AfD nutzt die Position in der Opposition im Bundestag vor allem als Bühne, um ihr hetzerisches, spaltendes Gedankengut zu verbreiten. Deshalb … müssen wir Omas gegen Rechts genauso wie der VVN weitermachen und unseren demokratischen parlamentarischen Rechtsstaat verteidigen. …
Ich weiß, es gab Überlegungen, das Fest abzusagen, nachdem Esther Bejarano letztes Wochenende verstorben ist. … Aber Esthers Familie, vor allem ihr Sohn, sagten, dass Esther keine Absage gewünscht hätte, denn ihr war es wichtig, nicht zu schweigen. Sich gegen das Vergessen zu engagieren. Ja, das ist richtig und deshalb stehen wir heute hier. Die AfD, die Querdenker und andere rechtsextreme Organisationen versuchen fortlaufend, die Zeit des Nationalsozialismus zu verharmlosen. Wenn es nach dem Bundestagswahlkampf der AfD geht, dann soll in den Schulen der Geschichtsunterricht geändert werden und künftig viel weniger über die Zeit des Nationalsozialismus gesprochen werden. …Politische Bildung in den Schulen lehnt die AfD ab.
Esther Bejarano war es immer ein Anliegen, in den Schulen vor jungen Menschen ihre Stimme zu erheben gegen das Vergessen, für eine freie demokratische Gesellschaft ohne Rassismus und Diskriminierung. Nein, Herr Gauland, die Zeit des Nationalsozialismus war nicht nur ein Vogelschiss in der deutschen Geschichte sondern eine unermessliche Grausamkeit und Völkermord. Das darf nicht in Vergessenheit geraten. Und dafür werden sich sowohl der VVN als auch wir Omas gegen Rechts ganz im Sinne von Esther Bejarano auch künftig einsetzen. Wir Omas gegen Rechts sind eine überparteiliche Initiative, aber wir sind eindeutig gegen Rechtsextremismus, gegen Hetze, gegen Diskriminierung für mehr soziale Gerechtigkeit, dafür, dass die Schere zwischen Arm und Reich nicht größer sondern kleiner wird. Und für eine gesunde Umwelt. Wir engagieren uns vor allem für unsere Kinder und unsere Enkel, für deren Zukunft.
Da wir die AfD als rechtsradikale Partei einstufen, ist unser Engagement in den nächsten Wochen bis zur Bundestagswahl vor allem eine Art Anti-AfD-Wahlkampf. Auch in meiner Rede will ich das nicht vergessen. Die AfD wirbt mit dem Slogan ,Deutschland aber normal\‘. Normal ist es für die AfD, sich zu wünschen, dass es Deutschland schlecht geht, dann geht es der AfD gut. Ich kann diese Aussage von Lüth, dem ehemaligen Pressesprecher der AfD-Bundestagsfraktion, nicht vergessen. Was ist das für eine Partei, die will, dass es der eigenen Bevölkerung schlecht geht, damit sie von Krisen profitieren kann und an die Macht kommt? Nein, so eine Partei darf nicht gewählt werden. Normal bedeutet für die AfD zum Beispiel auch, wissenschaftliche Erkenntnisse, sei es zur Corona-Pandemie oder auch zum Klimawandel zu verneinen, als fake news zu diskriminieren, als Verschwörung geheimer Eliten. Nein, die Pandemie ist Realität und auch die Gefährlichkeit des Klimawandels ist Realität, wie wir gerade in den letzten Tagen gesehen haben. Es ist auch keine Verschwörung. Diese sogenannte Normalität der AfD ist gefährlich für unser Leben, für unsere Zukunft und für unsere Demokratie. Wir Omas haben in einem Flyer versucht, der übrigens hier auch ausliegt, auf die Gefährlichkeit dieser sogenannten Normalität der AfD aufmerksam zu machen. Wir gehen auf die Straße. Wir wollen anderen den Mut machen, es uns gleich zu tun, denn wir brauchen die Unterstützung der Bevölkerung. Wir wollen jungen Menschen Mut machen, sich zu engagieren, nicht nur für ein gesundes Klima wie es Fridays for Future tun, sondern auch gegen Rechtsextremismus, denn die beiden Dinge hängen eng zusammen. — Es gibt keine Klimapolitik bei Rechtsextremisten. —
Liebe Freunde, verspielt nicht euer Recht zu wählen. Geht wählen, auch wenn ihr mit vielem, was die Parteien derzeitig machen, nicht einverstanden seid. Denn, jeder, der nicht wählt oder auch eine der kleinen Splitterparteien, die keine Chance haben, der unterstützt indirekt die AfD. Geht wählen! Gebt den Rechtsextremen und der AfD keine Chance. Dankeschön.“ (ast)